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WOHLIGES WALDBADEN

Forscher und Buchautoren haben sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dem Wald und seinen Heilkräften beschäftigt. In Ettlingen und Bad Herrenalb kann man bei Führungen mehr dazu erfahren – und das Waldbaden unter Anleitung ausprobieren.

 11. September 2019

Geschichte

Seit vielen Jahren wandert Daniela Schneider von der Naturschule Wilde Karde mit Gruppen durch den Wald. Als sie damit anfing, spürte die Ettlingerin schon bald, dass ihr Immunsystem gestärkt wurde und sie viel seltener unter Erkältungskrankheiten litt als in ihrem früheren Berufsleben als Bankangestellte. Dann stieß sie auf das Buch „Der Biophilia Effekt“ von Clemens Arvay und war fasziniert von den Heilkräften des Waldes, die er darin beschreibt. Das Thema packte sie – und nun widmet sie sich schon seit einigen Jahren in ihren Führungen und Schulungen nicht nur den essbaren Pflanzen, dem Wald als Apotheke und anderen Naturthemen, sondern auch dem Waldbaden.

In Japan gilt das Waldbaden, Shinrin-yoku, schon seit vielen Jahren als Therapie. Ärzte und Wissenschaftler sprechen davon, dass bereits nach relativ kurzer Zeit im Wald Blutdruck und Puls sinken und die Menschen weniger gestresst sind. Untersucht wurde auch die Wirkung der Terpene in der Waldluft – so werden die Stoffe genannt, mit denen Pflanzen miteinander kommunizieren. Demnach sorgen sie dafür, dass im Blut der Menschen die Zahl der Killerzellen, die Krankheitserreger aufspüren und befallene Körperzellen zerstören, ansteigt. In Deutschland wird der Wald mittlerweile ebenfalls therapeutisch genutzt, Wissenschaftler diskutieren bei Kongressen über das „Gesundheitspotenzial Wald“ und auf der Insel Usedom wurde der erste offizielle Kur- und Heilwald ausgewiesen.

Doch hat ein ganz einfacher Waldspaziergang nicht dieselbe Wirkung? Der sei zwar auch gesund, doch die Wirkung des Waldbadens gehe tiefer, wie Daniela Schneider erklärt. Durch Wahrnehmungsübungen und „aktives Nichtstun“ soll außerdem erreicht werden, dass mal Stille im Kopf herrscht und das Kopfkino nicht läuft. „Der Sympathikus, also der Teil des Nervensystems, der in unserem Alltag oft aktiv ist, kommt durch die Übungen zur Ruhe, während der Parasympathikus, der für Entspannung sorgt, angeregt wird“, erläutert die Expertin. Für diese Übungen führt Daniela Schneider ihre Gruppen in Ettlingen und in Bad Herrenalb an besondere Plätze, die sie zuvor ausgewählt hat. Und nach dem Waldbaden stellt sie regelmäßig fest, dass ihre Begleiter viel ruhiger sind. „Ich sehe immer viele entspannte Gesichter.“

Rainer Schulz beschäftigt sich ebenfalls mit dem „Wirken von Bäumen“ und gibt sein Wissen bei Führungen in Bad Herrenalb weiter. Der Schwarzwald-Guide, der früher als Forstwirt gearbeitet hat, bleibt bei seinen Touren immer wieder stehen, deutet auf einen der Bäume und erzählt: von den Unterscheidungsmerkmalen zwischen Tanne und Fichte. Von der Lärche, die als einziger Nadelbaum ihre Nadeln im Winter verliert. Und von der Espe, die auch Zitterpappel heißt, weil ihre Blätter schon beim kleinsten Lüftchen wackeln und für ein helles Rauschen sorgen, das weithin zu hören ist.

Er spricht aber auch von der entspannenden Wirkung des Grüns im Wald – und auch von der Heilkraft der Bäume, die er schon mehrfach am eigenen Leib erfahren hat. Als er eine Zeitlang unter heftigen Rückenschmerzen litt, setzte er sich oft in den Wald zum Meditieren. Dass es ihm half, führte er zunächst aufs Meditieren zurück. Doch dann bekam er das Buch „Bäume helfen heilen“ von Manfred Himmel in die Hände. „Der erste Satz, den ich darin gelesen habe, lautete ‘Die Fichte befreit von Rückenschmerzen’. Das hat mich überzeugt“, sagt Schulz. Sein Lieblingsbaum, den er zum Meditieren häufig besucht hat, war nämlich eine Fichte.

Seitdem beschäftigt er sich mit dem Thema und gibt seine Erkenntnisse auch in Spaziergängen weiter. „Jeder Baum hat eine andere Wirkung“, sagt er. Fichte helfe bei Hexenschuss, Buche senke den Blutdruck, Tanne reinige die Bronchien und wirke positiv auf die Atmungsorgane. Berühren muss man den Baum dabei nicht, wie Rainer Schulz erklärt. Vielmehr geht es um den „feinstofflichen Austausch. Je näher man am Baum dran ist, umso größer ist die Wirkung“.

Bei seinen mehrstündigen Wanderungen, die er in Bad Herrenalb regelmäßig anbietet, wird die heilende Wirkung der Bäume allerdings nicht ausprobiert. Die Gruppe eignet sich dafür nicht, so Schulz. Allen, die es selbst versuchen wollen, rät er: „Man darf die Bäume nicht besichtigen, sondern sollte sie erspüren und ihre Wirkung am besten alleine und in aller Ruhe ausprobieren.“

 

Gut zu Wissen

Daniela Schneider aus Ettlingen ist geschulte natur-, Wald- und Wildnispädagogin, Gewässerführerin, Entspannungstrainerin und fachberaterin zum Thema „Selbstversorgung mit essbaren Wildpflanzen“. Zum Programm ihrer naturschule „Wilde Karde“ gehören das Waldbaden und viele weitere Themen. Sie bietet auch eine Weiterbildung zu den essbaren Wildpflanzen im Jahreslauf an.

Schwarzwaldguide Rainer Schulz beschäftigt sich in seinen führungen mit der Heilkraft und Mythologie der Bäume. Er ist hauptsächlich im Murgtal unterwegs, aber er bietet auch führungen auf dem Quellenerlebnispfad in Bad Herrenalb an, Termine auf folgenden Webseiten:
www.murgtalguide.de
www.badherrenalb.de

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