SOMMERFESTIVAL AUF DEM DOBEL
Aus dem After-Work-Picknick „Bergglühen“ ist ein zweitägiges Genuss-Event geworden.
Dobel ist nicht Florida mit seinen Keys, aber Applaus hätte der Sonnenuntergang im Albtal an diesem Juli-Sommertag auch verdient. Die letzten Strahlen brechen flammend durch die Baumwipfel, bevor der orange-goldene Feuerball vollends unter den Horizont rutscht. Nicht
im Golf von Mexiko, sondern hinter den Wogen des Schwarzwalds und der Weite des Rheintals. Ein Schauspiel wie aus dem Bilderbuch.
Die Menschen stoßen mit ihren Sektgläsern an, nippen am Aperol Spritz und genießen die ganz besondere Stimmung. Es ist wieder Bergglühen auf der Sonneninsel Dobel. Das ursprüngliche After-Work-Picknick ist nun zu einem zweitägigen Festival herangewachsen. Rund 2500 Besucher am Samstag und 500 zum Brunch am Sonntag – Stefan Kling, Musikproduzent, Initiator und Organisator des Events zeigt sich mit der Resonanz zufrieden. „Unter dem wirtschaftlichen Aspekt lohnen sich zwei Tage mehr“, sagt er, „aber für mich ist es auch in Ordnung, am Ende bei Null rauszukommen.“
Musik, aufgelegt von DJs, schallt über das Wiesengelände unterm Wasserturm, das ein Wimmelbild aus sommerlich gekleideten Menschen und bunten Sonnenschirmen abgibt. Hier wird getanzt, dort hüpfen Kinder durch Plantschbecken, und als sich die Dämmerung langsam über Dobel herabsenkt, beginnt ein Zweimeter-Gorilla zu leuchten wie eine Sternenkarte…
Das Grundkonzept hat sich nicht geändert. Vorab können online Picknick-Kisten bestellt werden, gefüllt mit Produkten aus der Region: Brot, Käse, Speck, Tomaten, Gurke, Melone und Macarons zum Dessert. Im Preis von 35 Euro für zwei Personen (und 45 Euro für vier) ist der Eintritt bereits enthalten. Verpflichtend ist das nicht. Man kann auch sein eigenes Vesper mitbringen. Und ganz wichtig: die Picknickdecke nicht vergessen!
Familien, Freunde, Paare genießen die entspannte Atmosphäre beim geselligen Zusammensein in der Natur und feiern diesen Augenblick. Man kommt mit Nachbarn ins Gespräch – oder mit dem Vordermann beim Anstehen vor der Getränkebar für einen kühlen Rosé oder ein Radler. Dieser „wohlwollende Umgang miteinander“, da ist sich Stefan Kling sicher, wird als positives Gefühl auch im Alltag nachhallen. Zwischenmenschlich wie im Umgang mit der Natur. Und natürlich trage dieser Ort, der für das Festival unbedingt gefunden werden wollte, seinen Anteil dazu bei.
Wer noch mehr Appetit hat: Foodtrucks haben vegane Bowls und schwäbische Küche im Angebot. Und „Süßstoff“. So heißt die mobile Patisserie aus Wimsheim, die aus ihrem rosa Wägelchen selbstgemachte bunte Törtchen verkauft. Auffallend ist, dass praktisch kein Müll auf dem Picknickgelände herumliegt, denn Nachhaltigkeit ist sowohl den Organisatoren als auch den Gastronomen ein Anliegen. Viele sind zum ersten Mal dabei, ebenso die meisten Aussteller regionaler Handwerks-Manufakturen.
Jakob Augenstein, ursprünglich aus Straubenhardt, baut mit seinem Partner runde und eckige Holzflöten im Stil der Native Americans. Nebenan präsentiert Juwelier Christian Guthmann aus Pforzheim Schmuck in Form Platonischer Körper: symmetrische Polyeder wie Pyramide, Würfel und Oktaeder. „Diese geometrischen und ästhetischen Besonderheiten der Natur sind die Bausteine der Welt, das fasziniert mich“, sagt er. Und dann ist da noch dieses Metal-Art-Bestiarium aus pulverbeschichtetem Blech mit LEDs für dunkle Stunden: Dobermänner, Bulldoggen, Pinguine und eben jener Gorilla. Ein Besucher fackelt nicht lange und erwirbt „King Kong“ für einen vierstelligen Betrag.
Chillen, schlendern, staunen. Es gibt Meditations-Workshops und Massage-Angebote. Zwei junge Leute ziehen mit Acro Yoga viele Blicke auf sich. Bei dieser sportlichen Mischung und Akrobatik und Yoga geht es weniger um Spiritualität als um Vertrauen in den Partner bei
Balance-, Schwebe- und Flugübungen. „Wir sind zum ersten Mal hier und wussten gar nicht, was uns erwartet“, sagt ein Paar auf seiner Picknickdecke. „Das hier hat alles übertroffen.“
Nach dem Festival ist vor dem Festival, und Stefan Kling hat für 2024 neue Pläne. Er will das Gelände größer bespielen. Mit mehr Bars, und dann wollen, wenn es die Personalsituation erlaubt,
auch „Schwitzer‘s“ und der „König von Preußen“, die „Feinen Adressen“ aus dem Albtal, wieder dabei sein. Wie auf einem Maiplatz soll in der Mitte des Areals ein Pfahl mit Lichterketten stehen.
Die Musikbühne wandert ins Zentrum, die Aussteller in einem Halbkreis darum herum. „So sind alle näher dran“, sagt der energiegeladene Organisator aus Dobel. Zudem wird es mehr Sitzgelegenheiten mit Loungemöbeln aus Paletten sowie Sonnensegel geben.
Fest geplant ist auch ein zusätzliches kleines Festival an einem Lost Place, also einem verlassenen, vergessenen Ort irgendwo in der Wildnis. Exklusiver, familiärer. „Für Leute mit Lust auf elektronische Musik und internationale Künstler.“ Hauptsache, der wichtigste Gast macht sich nicht rar. Denn nicht nur auf den Florida-Keys kann die Sonne großes Kino.