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NATÜRLICH DIE ALB

Die Alb war einst ein geplagter Fluss. Industriell beeinträchtigt, begradigt, eine Waschanlage für Arbeitspferde. Heute ist sie wieder fast so natürlich wie in alten Zeiten – und das sogar mitten in der Großstadt.

Geschichte

Die Wasseramsel ist ein wählerisches Tier. Dort, wo sie vorkommt, muss der Fluss schon sehr sauber sein. Schließlich streckt sie ihr Köpfchen ja auch mit Vorliebe ins kühle Nass, sie ist ein glänzender Taucher und Unterwasserjäger. Insekten haben bei ihr kaum eine Chance, sie schnappt sie und verspeist sie wie unsereins ein delikates Wildgericht.

Wasseramseln gibt es heute wieder viele an der Alb. Nach und nach hat der 51 Kilometer lange Nebenfluss des Rheins seine alten Qualitäten zurückgewonnen. Welch enorme natürliche Vielfalt er aufweist, hat vor ein paar Jahren der Naturfilmer Marco Ruppert aufgezeigt. Mehrere Jahre lag er auf der Lauer und entdeckte dabei eine erstaunliche Biodiversität. Der Film wurde zu einem großen Publikumserfolg.

Das Bemerkenswerte ist nun, dass die Alb heute keineswegs nur dort einem ganz natürlichen Flusslauf gleicht, wo sie jenseits der großen Siedlungen liegt, etwa im Bereich des 1994 ausgewiesenen Naturschutzgebiets „Albtal und Seitentäler“. Nein, auch innerhalb der Städte hat man sie zurückverwandelt – und das gilt nicht zuletzt für die badische Metropole Karlsruhe. Ganz langsam pirscht sich die Alb an die Großstadt heran.

Gräbt sich in ihren Südwesten hinein und windet sich dann auf verschlungenen Wegen zum Rhein weiter. Was hat man ihr dort nicht alles angetan: Das Flussbett verlegt, ihr Wasser für Industrienutzungen abgezapft und im sogenannten „Gaulloch“ Pferde samt deren Fuhrwerke gewaschen. Kein Fluss, in dem sich Mensch und Wasseramsel wirklich wohlfühlen. Das Bild hat sich komplett gewandelt. Wer heute entlang der Alb durch den Südwesten Karlsruhes spaziert, glaubt die Überreste eines ursprünglich gebliebenen Wasserlaufs entdeckt zu haben. Tatsächlich ist alles aber Teil einer großen Renaturierungsmaßnahme, die dem Fluss seinen einstigen Charakter zurückgegeben hat.

Am Rande der Günther-Klotz-Anlage plätschert er friedlich vor sich hin. Seine Ufer sind gesäumt von Erlen, Eschen, Hainbuchen und Nussbäumen. In der Mitte liegen Natursteine, die als Gewässerbremse dienen. Kleine Kaskaden wurden geschaffen, die den Menschen zeigen, wie viel Kraft doch in einem wilden Wasserlauf steckt. 

Die Wasserkraft haben sie schon immer genutzt an der Alb. Rund 50 Mühlen gab es hier einst, ihre Hinterlassenschaften sind heute ein malerisches Stück Vergangenheit. An der Appenmühle etwa hat ein kleiner Kanal einst die Alb geteilt. In ihrer Mitte liegt heute nun eine Insel, auf der man spazieren gehen kann.

Die Appenmühle liegt im Stadtteil Grünwinkel, gleich neben der Kleingartenkolonie. Erst vor einem Jahr wurde das Stauwehr erneuert und mit einer Fischtreppe versehen. Auf ihr gehen nun Bachforelle, Schleie und Rotauge spazieren. Eine Fischvielfalt, die wieder ganz enorm ist.

Auch die seltene Wasseramsel brütet hier, wie ein Anwohner voller Stolz den neugierigen Besuchern verkündet.

Der Weg über die Insel ist ein naturnaher Pfad. Beschattet von Silberweiden geht man ihn, sieht ab und an eine Eidechse durch die Landschaft flitzen. In den Bäumen zwitschern die Vögel und in einer nahen Ausflugsgaststätte plaudern die Menschen, die sich hier niedergelassen haben.
Erst Mitte 2021 hat an der Appenmühle ein Ausflugslokal mit einem lauschigen Biergarten eröffnet. Dort hat man sich regionalen Gerichten verschrieben und serviert Völkersbacher Wurstsalat, Pfälzer Fläschknepp, Flammkuchen und Ziegenkäse. Gleich daneben liegt die Appenmühle selbst, deren Turbinen noch heute Strom erzeugen.

Die Albschleife in Karlsruhe-Grünwinkel ist eine der schönsten Stellen, die der Fluss heute zu bieten hat. Dazu trägt auch jene kleine Kirche bei, die dort platziert wurde. Offiziell trägt sie den Namen Maria-Hilf-Kapelle, doch im Grunde hat sich ihr Name längst der neuen Umgebung angepasst: „Albkapelle“ wird sie von den Menschen genannt.

Die Alb ist ihre neue Heimat, nachdem sie an ihrem alten Standort nur noch ein Verkehrshindernis war. 1909 hatte Grünwinkel eine neue große Kirche bekommen und die Kapelle war überflüssig. Sie verfiel zusehends, war neuen Straßenführungen im Weg und wäre womöglich irgendwann abgetragen worden. 

Es war der Direktor der Sinner AG, eines dort ansässigen Nahrungsmittelunternehmens, der die Initiative ergriff und die Maria-Hilf-Kapelle versetzen ließ. Stein für Stein wurde sie 1913 ab- und anschließend wiederaufgebaut, in einer schönen Flussschleife der Alb, die sie heute mit ihrem Antlitz ziert.

Die Menschen lieben das Ufer der Alb. Hängen bei einer Radtour die Füße ins Wasser, gehen im Sommer eine Runde schwimmen oder picknicken. Beide Seiten des Flusses werden von Wanderwegen gesäumt, sogar eine Fernwanderroute, der Weitwanderweg Odenwald-Vogesen, führt hier vorbei.

Die Alb ist auch in Karlsruhe wieder ein Ort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Die Wasseramsel ist da mal lieber auf der Hut, man weiß ja nie, was Meister Reinecke so alles im Schilde führt. Zur Not taucht sie halt ab. In der Alb ist das heutzutage wieder ein richtiges Vergnügen.

 

Gut zu Wissen

Das Ausflugslokal Appenmühle
hat von Donnerstag bis Samstag ab 17 Uhr geöffnet, Sonntags ab 12 Uhr.
www.appenmuehle.de


Der Karlsruher Zoo
Wer die grünen Seiten der Großstadt erleben will, der ist im Karlsruher Zoo gut aufgehoben. „Zoologischer Stadtgarten“ heißt der ganz offiziell, was darauf hinweist, dass er auch botanisch einiges zu bieten hat. Mit kleinen Gondeln können Besucher dort das 22 Hektar große Gelände erkunden, wo 3000 Tiere in 240 Arten zu Hause sind. Eine Außenstelle des Zoos gibt es im Oberwald, wo auf weiteren 16 Hektar Elche, Gämsen und Kamele grasen: auf der Homepage unter den Stichworten „Leben und Arbeiten“, „Freizeit und Erholung“, „Zoologischer Stadtgarten“.
www.karlsruhe.de

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