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NACHHILFE FÜR MILLIONEN

Mirko Drotschmann hat als MrWissen2go auf Youtube über zwei Millionen Abonnenten. Seine Videos zu Geschichte, Politik und Gesellschaft begeistern nicht nur Schüler. Auch in seiner alten Heimat, im Albtal, hat er hin und wieder schon gedreht.

Geschichte

Sie sind in Ettlingen zur Schule gegangen. Waren Sie damals schon derjenige, der Mitschülern den Geschichtsstoff besser erklären konnte als der Lehrer? 

Nein, ich hatte tolle Lehrer und Lehrerinnen, die den Stoff sehr gut erklärt haben und uns auch begeistern konnten. Aber wenn jemand was in Geschichte nicht verstanden hat, habe ich schon mal versucht nachzuhelfen.

Lehrer nutzen ihre Videos im Unterricht. Warum sind Sie nicht selbst Lehrer geworden?

Tatsächlich hatte ich mir überlegt, Geschichte auf Lehramt zu studieren, aber der Wunsch, Journalist zu werden, war größer. Ich könnte mir aber heute noch vorstellen, hin und wieder eine Oberstufenklasse in Geschichte 
zu unterrichten. 

Fast jeder Schüler kennt Sie. Können Sie noch ungestört ein Café besuchen? 

Ab und zu werde ich angesprochen, aber nicht so häufig, wie man sich das vielleicht vorstellt. Die Leute schauen sich die Videos wegen der Inhalte und nicht wegen mir an. Aber wenn mal jemand 
auf mich zukommt, dann freut mich das, und meistens unterhalten wir uns dann gleich über eines der Videothemen. 

Was gab den Anstoß, mit Ihrem Youtube-Kanal zu starten? 

Vor allem meine Frau. Sie hatte vor mir einen Kanal mit Make-up-Tutorials. Über sie habe ich gesehen, was man auf Youtube alles machen kann. Die Möglichkeit, selbst Inhalte zu erstellen und eine direkte Rückmeldung über die Kommentare zu bekommen, finde ich toll. Als ich dann mit meinem Schwager auf eine Geschichtsklausur gelernt habe und er das, was ich erklärt habe, verstanden hat, wollte ich das auch auf Youtube probieren. 

Sie haben inzwischen über zwei Millionen Abonnenten. Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Wichtig ist es für mich, in den Videos einen Bezug zur Lebenswelt der Zuschauerinnen und Zuschauer herzustellen, ihnen aufzuzeigen, warum das Thema für sie relevant ist. Außerdem will ich es möglichst kompakt auf den Punkt bringen, sodass man sich nicht stundenlang Zeit nehmen muss. Vielleicht trägt das dazu bei, dass sich die Leute die Videos ansehen. Noch dazu bin ich in einem inhaltlichen Bereich unterwegs, der nicht so stark vertreten ist auf Youtube, man stößt also schnell auf meine Videos. Mir ist es auch ganz wichtig, so neutral und objektiv wie möglich an ein Thema heranzugehen, dass man sich selbst eine Meinung bilden kann. Die Leute sollen nicht das Gefühl haben, dass ihnen etwas vorgegeben wird oder sie erzogen werden. 

Welches Thema war für Sie bisher die größte Herausforderung? 

Es gibt immer wieder Themen, die entweder in der Recherche oder in der Präsentation eine Herausforderung sind. Oft hängen sie mit den dunklen Kapiteln der Geschichte zusammen. Wenn es darum geht, wie Kinder in KZs ermordet worden sind oder wie Menschen damals aus rassistischen Gründen verfolgt wurden, bleibt mir regelmäßig die Spucke weg. Aber ich finde es wichtig, darüber zu sprechen. Es gibt auch Themen, die in der Recherche aufwendig sind und bei denen man nicht so einfach verlässliche Informationen findet, wie beim russischen Angriffskrieg in der Ukraine. 

Was war das schönste Feedback für Ihre Arbeit? 

Wenn Leute sagen, dass sie durch die Videos begonnen haben, sich für die Themen zu interessieren. Wenn zum Beispiel jemand Politik total ätzend fand, inzwischen aber auch wegen meiner Videos wählen geht. Es gab auch einen Zuschauer, der geschrieben hat, dass er früher Geschichte langweilig fand und jetzt in Geschichte promoviert. Das sind tolle Komplimente. 

Sind denn das Albtal oder Ettlingen mal in einem Ihrer Videos erwähnt worden? 

Indirekt immer wieder, wenn ich darüber spreche, wo ich herkomme und Beispiele nenne aus Oberweier, dem Dorf, in dem ich gewohnt habe. Beim Thema Bevölkerungsentwicklung mache ich das gern. Als es mal um die Post ging, habe ich über die Postfiliale gesprochen, die es dort früher gab. Das schwingt immer wieder mit. 

Können Sie sich ein Thema vorstellen, bei dem Ettlingen oder das Albtal im Zentrum steht?

Vielleicht der Flowtex-Skandal, auch wenn das die Ettlingerinnen und Ettlinger vermutlich nicht hören wollen. Er ist ein gutes Beispiel für Wirtschaftsbetrug und hat die Stadt bundesweit bekannt gemacht. Aber natürlich steht Ettlingen für viel mehr: Es ist eine tolle Stadt, die sich ein Stück weit neu erfunden hat, was die Bevölkerungsstruktur angeht. Für viele junge Familien ist Ettlingen attraktiv geworden, es gibt eine starke Industrie und noch einiges mehr. Sie leben inzwischen in Rheinhessen. 

Haben Sie noch Verbindungen in Ihre alte Heimat? 

Ein Großteil meiner Familie und viele Freunde leben dort. Allein deshalb bin ich häufig in der Gegend – und auch weil es mir gut gefällt. Ich war eine Weile im Gemeinderat von Ettlingen und habe Einblicke bekommen, die mich immer noch begleiten. Ich freue mich deshalb, wenn ich in der Stadt bin, und schaue mir an, wie sie wächst. Wenn sich das mit der Arbeit verbindet, ist das umso besser. Wir haben schon einige Male in der Region gedreht, das sind immer schöne Momente. Über Ettlingen hinaus ist außerdem Karlsruhe für mich ständig präsent durch den KSC: Dessen Spiele verfolge ich am liebsten im Stadion, wenn es sich einrichten lässt. Die Verbundenheit ist also definitiv da.

 

Zur Person

Mirko Drotschmann (37) ist in Malsch geboren, hat in Oberweier gewohnt und ist in Ettlingen aufs Gymnasium gegangen. Er war Schülersprecher, Chefredakteur der Schülerzeitung und saß im Ettlinger Gemeinderat. Später hat er Geschichte und Kulturwissenschaften studiert. Inzwischen 
lebt er mit seiner Familie in Rheinhessen und arbeitet als Journalist, Youtuber und Moderator. 
2012 startete er mit seinem Youtube-Kanal als „MrWissen2go“. Sein erstes Video drehte sich um Ludwig XIV. und den Absolutismus. Inzwischen gibt es über 800 Videos, er hat zwei Millionen Abonnenten auf Youtube, einen Instagram-Kanal und moderiert außerdem Folgen der ZDF-Dokureihe Terra X. Im vergangenen Jahr wurde Mirko Drotschmann für seine moderne Art der Wissensvermittlung und seinen Beitrag zur Stärkung der Demokratie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

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