
LOSGELÖST VON DER ERDE
Bei schönem Wetter starten auf dem Segelfluggelände Schwanner Warte in Straubenhardt die Albatrosse unter den Fliegern und gleiten lautlos am Himmel.
Es hoppelt ordentlich, wenn der Vogel auf der Grasbahn wie ein Formel-1-Wagen beschleunigt wird. Kurz danach hebt er sich mit weit gespannten Flügeln in die Lüfte. Das ist spektakulär anzusehen und noch spektakulärer, wenn man selbst im Cockpit sitzt, sobald ein schöner Tag gute thermische
Bedingungen verspricht. Dann herrscht auf der Schwanner Warte reger Betrieb. Dort hat der Flugsportclub Pforzheim-Straubenhardt, einer der ältesten Segelflugvereine Deutschlands, sein Gelände. 2023 wird er 101 Jahre alt.
„Segelfliegen ist ein Mannschaftssport“, erzählt Vereinsmitglied Erhard Witschke aus Straubenhardt-Langenalb, „wir benötigen sieben Leute, damit einer fliegen kann.“ Dazu gehört
auch ein Posten, der bei Start und Landung eine Straße sperren muss. Rund 40 aktive Mitglieder zählt der Verein, der fünf Fluglehrer stellt und sieben Segelflieger besitzt. Ein- und Doppelsitzer, darunter ein bildschöner, rot-gelber „Kasten“ aus Holz, mit dem durch die Luft zu sausen etwas
ganz Besonderes ist.
Der Start ist wie eine Achterbahnfahrt. Sobald der Flugleiter vom „Tower“, einem entsprechend ausgerüsteten Kleinbus, die Freigabe erteilt, wird der Segler per Seilwinde und Höhenruder auf etwa 400 Meter Höhe katapultiert. Nun ist der Pilot allein mit seinem Vogel und den Winden. Losgelöst von der Erde gleitet er von Aufwind zu Aufwind. So kann sich ein Segelflugzeug bis
auf 3000 Meter schrauben. Dort endet normalerweise der Höhenflug, denn oberhalb dieser
Marke sind eine spezielle Anmeldung und eine Sauerstoffanlage Pflicht.
Neben der Freude am Fliegen machen die Technik und die Herausforderungen die Faszination des Segelfliegens aus – ein Sport, der zu 100 Prozent vom Wetter abhängig ist. In Wettbewerben geht es darum, möglichst lange in der Luft zu bleiben, weit zu kommen oder mit GPS ein Dreieck zu fliegen – ohne auf einem Acker notlanden zu müssen. Einige Vereinsmitglieder sind in die Sparte
Kunstflug eingestiegen, um Loopings, Rollen und Flugfiguren in den Himmel zu zeichnen.
Wer in den Segelflugsport hineinschnuppern möchte: Zwischen April und Oktober besteht an den Wochenenden die Möglichkeit dazu – spontan, sofern das Wetter passt. Man bezahlt 25 Euro pro Start inklusive zehn Minuten Flug, jede weitere Minute kostet einen Euro. Aber auch während des zweiwöchigen Fluglagers über Pfingsten auf der Schwanner Warte nehmen die Piloten Gäste
mit in den Himmel. Am 8./9. Juli 2023 findet das Sommerfest des Vereins mit Flugvorführungen und Bewirtung statt. Außerdem nimmt der Flugsportclub am Ferienprogramm der Gemeinde Straubenhardt teil. Kinder zwischen zehn und 14 Jahren sind dann eingeladen, ein Segelflugzeug
genauer kennenzulernen. Mit Einverständnis der Eltern dürfen auch sie mitfliegen.