KUNST MIT DER KETTENSÄGE
Der Forstwirtschaftsmeister Detlev Dwarnicak aus Marxzell formt Holzskulpturen mit der Kettensäge. Selbst vor Motorrädern oder lebensgroßen Hunden schreckt er nicht zurück.
23. Juli 2020
Im Hof des alten Forsthauses von Marxzell herrscht ohrenbetäubender Lärm. Darin steht ein Mann mit Ohrenschützern und Gesichtsmaske und sägt. Es ist ein rundes Stück aus einem Mammutbaum, das er bearbeitet, mit geübten Handgriffen schneidet er ein großes Herz aus dem Holzstück heraus. Um ihn herum regnet es in hohem Bogen Späne, ein Grund, warum das Schausägen auf engen Weihnachts und Wochenmärkten kaum möglich ist. Seit seiner frühen Jugend arbeitet Detlef Dwarnicak im Wald. Schon immer hat der gelernte Holzhauer und spätere Forstwirtschaftsmeister auch gerne geschnitzt. Die groben Blöcke sägte er dabei schon als Jugendlicher mit der Maschine vor. Später bemerkte er, dass man mit der Kettensäge auch viele Details gestalten kann. So sägte er immer weiter, bis schließlich das Schnitzmesser fast gar nicht mehr zum Einsatz kam.
Heute ist Detlev Dwarnicak ein Virtuose an der Kettensäge. Lange bevor es Mode wurde, brachte er alte Baumstümpfe und Sturmholzreste in Form, sägte kleine Weihnachtsbäume, Osterhasen und Libellen aus. Es ist eine Kunst, die aus Amerika kommt. Dort kennen sie das „Chainsaw Carving“, das Schnitzen mit der Kettensäge schon seit vielen Jahrzehnten. Hierzulande ist es erst in den letzten 10 bis 15 Jahren aufgekommen.
Detlev Dwarnicak hat inzwischen Hunderte von Figuren zurechtgesägt, nimmt man die einfachen Formen dazu, sind es wohl eher Tausende. Viele kennen ihn, geben ihm Aufträge: „Ich komme eigentlich gar nicht mehr hinterher“, sagt der 57Jährige, der die Sägekunst als Hobby nach seiner Arbeit betreibt. Es ist ein zeitintensives und aufwendiges Hobby, aber eines, das ihm Freude bereitet. Die Vielfalt der Formen ist enorm, die er in den letzten 30 Jahren ausgesägt hat: Totempfähle sind darunter, Eulen, Adlerreliefe, lebensgroße Hunde und Mönchsfiguren. Sogar ein Motorrad hat er schon mit der Säge gestaltet inklusive Spiegel, Auspuff, Rahmen und Armaturen. „Meine bisher anspruchsvollste Arbeit“, wie er zugibt, derweil andere Dinge, wie das Herz aus Mammutholz, in wenigen Minuten erledigt sind.
Manche Kinobesucher haben ihn kennengelernt, weil er in dem 2017 erschienenen Film „Die Alb“ zu sehen war. Dort stand er mit einem hölzernen Saurier am Flussufer, dessen Wirbelsäule er aus Sturmholzresten geformt hatte. Werbung muss er für sich und seine Kunstwerke eigentlich nicht machen. Die Aufträge kommen auch so und zwar in einer Menge, dass er die Menschen immer wieder vertrösten muss. Zumindest müssen sie sich in Geduld üben, so wie der Besitzer eines Riesenschnauzers, der demnächst nun endlich das hölzerne Abbild seines Lieblings nach Hause holen kann.
Für den muss man dann schon ein paar hundert Euro hinlegen. Eine kleine gesägte Weihnachtsbaumskulptur gibt es dafür schon für 30 Euro, mit dem großen Vorteil, dass sie erstens nicht nadelt und zweites im nächsten Jahr wiederverwendet werden kann.