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KOCH AUS LEIDENSCHAFT

Seit über 20 Jahren ist Dieter Mettmann Küchenchef in „Hartmaier’s Villa“ in Ettlingen. Eine seltene Kontinuität in der Gastronomie. Dabei war alles eigentlich ganz anders geplant.

 06. Juni 2019

Geschichte

Im März 1990 wartete der junge ambitionierte Koch Dieter Mettmann auf seine Green Card für Amerika. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in Chicago wollte er arbeiten. Allein die Aufenthaltsbewilligung ließ auf sich warten. Und so heuerte er zur Überbrückung der Wartezeit bei seinem alten Weggefährten Edwin Hartmaier an. Der war zwischenzeitlich Wirt der „Weinstube Engele“ in Ettlingen, im „Erbprinz“ hatten sich beide kennengelernt.

Dieter Mettmann fühlte sich im „Engele“ gleich wie zu Hause. Schon bald war er fester Bestandteil des Küchenteams und bekam dort wenige Monate später das Angebot, Küchenchef zu werden. Als kurz darauf die Green Card bewilligt wurde, war Amerika schon kein Thema mehr: Nicht nur beruflich hatte er im „Engele“ sein Glück gefunden, sondern auch privat: Er verliebte sich in eine der Servicemitarbeiterinnen hinter der Theke und heiratete sie 1992 in Ettlingen.

Binnen kurzem war aus dem Schwaben mit Reiseziel Amerika ein Badener mit Wohnsitz in Ettlingen geworden. Erfahrungen in der Welt hatte er da freilich schon gesammelt: Renommierte Häuser wie die Sonnenalp in Sonthofen, das Parkhotel in Arosa in der Schweiz, das Al Khozama in Saudi Arabien oder das Hotel Lisboa in Macao gehörten zu seinen Stationen.

Eine durchaus erstaunliche Karriere für einen Jungen aus Aalen von der Ostalb, der nach der Hauptschule verzweifelt auf Lehrstellensuche war. „Konditor hat nicht geklappt und da hat meine Mutter halt gesagt, dass ich Koch lernen soll“, erinnert er sich. Ein Glücksfall, wie sich später herausstellen sollte, denn das Kochen wurde für Dieter Mettmann zur großen Leidenschaft.

1986 begegnete er im renommierten „Erbprinz“ in Ettlingen erstmals Edwin Hartmaier. Der war dort Oberkellner, exzellenter Weinkenner und ein Mann mit Ambitionen. Die konnten sie nun gemeinsam in der Weinstube Engele verwirklichen. Schon bald erwarb sich das Engele einen Ruf für seine guten Weine und seine gute Küche, doch die eigentliche Herausforderung stand ihnen erst noch bevor.

Die kam Mitte der Neunziger in Form der halbverfallenen Villa Watthalden auf sie zu. Kaum einer hätte gedacht, was die Hartmaiers zusammen mit der Hoteliersfamilie Hettel daraus machen würden. Doch 1998 war Eröffnung: Aus der Bauruine wurde das Vorzeigerestaurant „Hartmaier’s Villa“ mit Küchenchef Dieter Mettmann und seiner Mannschaft als Herzstück des Betriebes.

Die gesamte Küchencrew aus dem Engele zog mit um. In ein Haus, das viele neue Möglichkeiten bereithielt mit seinen Banketträumen und dem Garten. Heute arbeitet Dieter Mettmann dort mit sechs Köchen und einer Aushilfe. Setzt auf frische, saisonale Küche, die ebenso bodenständig wie modern ist. Es gibt mediterrane Einflüsse und asiatische Spezialitäten ebenso wie Spätzle und Schupfnudeln.

Vor allem jedoch: „Alles ist Handarbeit, jedes einzelne Spätzle handgeschabt, jede einzelne Kugel Eis handgemacht“, wie Mettmann nicht ohne Stolz sagt. Viele seiner Kollegen im Küchenteam sind seit Jahren oder Jahrzehnten dabei, eine erstaunliche Kontinuität in einer Branche, die von häufigem Personalwechsel gekennzeichnet
ist.

„Man muss etwas dafür tun“, sagt Mettmann. Und dazu gehören nicht nur eine adäquate Bezahlung und faire Arbeitszeitregelungen, sondern auch ein guter Umgang miteinander. „Es gibt hier keine Schreierei“, sagt der Mann, der selbst im größten Stress Gelassenheit und Ruhe ausstrahlt.

Die besonderen Arbeitszeiten in der Gastronomie haben ihn selbst nie gestört, im Gegenteil: Die Pause zwischen 14.30 Uhr und 17 Uhr am Nachmittag hat er immer als Chance begriffen, sich seiner Familie zu widmen. „Ich habe meine Kinder auch tagsüber gesehen“, sagt er und wünscht sich, dass auch wieder mehr junge Menschen die großen beruflichen Chancen erkennen, die im Beruf des Koches stecken. Er selbst jedenfalls hat in der Küche sein berufliches Lebensglück gefunden, obwohl oder gerade weil er nie einen Stern angestrebt hat. „Das Korsett wäre mir viel zu eng gewesen“, sagt er mit Bezug auf die Sterne-Küche. Er kocht „lieber für den Gast als für einen Gourmetführer“, und kann sich über den Zuspruch derer, die zu ihm zum Essen kommen, ja auch nicht beklagen.

Einen Traum will er sich aber doch noch verwirklichen. Im Grunde geht es dabei ja nur darum, etwas nachzuholen. Die Reise nach Chicago, „wenn ich 60 bin“, sagt der 57-Jährige, „will ich endlich rüber.“ Nicht mit Green Card, sondern mit Touristenvisum. Schließlich wird er in Ettlingen gebraucht. In Hartmaier‘s Villa, die ohne Mettmanns Küche nicht das wäre, was sie heute ist.

 

Gut zu Wissen

Das Restaurant in Hartmaier’s Villa in Ettlingen hat täglich geöffnet, es gibt Mittag- und Abendessen.

 www.hartmaiers.de

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