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IN SEPPLS HAND

Mit Märchen und Geschichten über Freundschaft verzaubert Joseph Streit seine jungen Zuschauer. Er spielt in Schulen und Kindergärten und natürlich auf seiner eigenen Puppenbühne „Himmelreicher“ in Langensteinbach. 

06. Juni 2019

Geschichte

Joseph Streit ist kein Mensch, der Hektik verbreitet. Es muss nicht schnell voran gehen. Viel wichtiger ist es, dass er mit dem Ergebnis zufrieden ist. Dann nimmt er gerne in Kauf, dass er fast alles alleine macht. Diesen Eindruck vermittelt der 62-Jährige, wenn er auf der Bank im Zuschauerraum seiner kleinen Puppenbühne in Karlsbad-Langensteinbach sitzt. Wohlüberlegt setzt er seine Worte, erzählt davon, dass er als junger Mensch ein Vielleser war. Unter den Büchern, die er verschlungen hat, waren auch die Lebenserinnerungen eines Handpuppenspielers. Was letztendlich den Ausschlag für den gebürtigen Saarländer gab, zwei Jahre am Figurentheaterkolleg in Bochum zu studieren, kann er gar nicht sagen. „Neben der Liebe zur Literatur kam eben irgendwann das Puppentheater dazu.“ Ihm hat sich Joseph Streit, der auf seiner Internetseite „Seppl“ heißt, schon seit 1982 mit einer eigenen Tourneebühne verschrieben. „Himmelreicher“ lautet der Name, so hat man früher die fahrenden Leute genannt.

Seit 2004 treten der gestiefelte Kater, der Wichtel Pimpinell, Professor Magnus und viele andere Helden seiner Geschichten auch auf seiner eigenen Bühne in Karlsbad auf. Dort führt eine steile Treppe hinauf in den kleinen Saal unterm Giebeldach, der von Scheinwerfern erhellt wird. Über drei Jahre hat er gebraucht, bis die eigene Bühne auf der ehemaligen Garage im Garten seines Wohnhauses fertig war. Vieles hat Joseph Streit selbst in die Hand genommen. Auch die Bänke, die in den hinteren Reihen immer höher werden, stammen von ihm. Das gilt auch für die Handpuppen aus Holz oder Schaumstoff, mit denen er auftritt. Nur die Kleider schneidert seine Frau. Seine Stücke gestaltet er für die Kleinsten ab drei Jahren. „Ich habe meine Zielgruppe im Auge“, sagt er, „aber ich mag es nicht rosa oder bunt, deshalb setze ich meine Ästhetik durch.“ Das  heißt, das Bühnenbild ist meistens reduziert, nur seine Puppen bringen die Farbe ins Spiel. Von der Idee bis zur Premiere eines Stücks vergehen gut und gerne zwei Jahre. Allein ein Jahr lang arbeitet er im Schnitt an den Puppen und der Bühnenausstattung. Ein Stockwerk tiefer liegt seine große Meister-Eder-Werkstatt, in der er seiner Phantasie freien Lauf lässt. Hier wird aus einem alten Holzfass ein Schiff, mit dem der Junge Max auf große Fahrt geht – und unterwegs nicht nur einen Schatz, sondern im einsamen Kapitän auch noch einen Freund findet. An einem Bühnenbild konnte sich Streit, der früher einmal Elektriker gelernt hat, besonders ausleben: Das Labor, in dem Professor Magnus zusammen mit seinem Raben an neuen Erfindungen tüftelt, ist mit zig verschiedenen Schaltern ausgestattet, die zum Teil auch durchaus eine Funktion haben.

Wenn ihn ein Stoff interessiert, wie das Märchen von den Bremer Stadtmusikanten oder „Des Kaisers neue Kleider“, dann bearbeitet er es nach seinen Vorstellungen und passt es auch der Größe seines Theaters an. Oder er schreibt es gleich selbst. „Freundschaft spielt immer eine Rolle“, sagt er über seine Stoffe. Und wenn er auch vieles alleine macht in seinem Theater, so ist ihm doch das Netz aus Freunden wichtig, das ihm unter die Arme greift – mit Fotos, der Gestaltung der Internetseite und vielen anderen Hilfen. Außerdem bestreitet er nur die Hälfte der Stücke allein, bei allen anderen wird er von verschiedenen Mitspielerinnen unterstützt. Rund 50 Vorstellungen gibt das Theater jedes Jahr – an Schulen, in Kindergärten und auf seiner eigenen Bühne.

Er selbst ist ein großer Fan von Charlie Chaplin. So sind auch einige seiner Stücke eher komödiantisch, andere mehr poetisch. Auf Geschichten aufzuspringen, die als Kinderbuch und film erfolgreich sind und von anderen Bühnen gespielt werden, reizt ihn gar nicht. „Ich habe ‚Petterson und Findus‘ gerne meinen Kindern vorgelesen, aber ich muss es nicht in ein anderes Medium bringen“, sagt er, „das ist nicht mein Weg.“

 

Gut zu Wissen

Den Spielplan von Joseph Streits „figurentheater Himmelreicher“ in Karlsbad-Langensteinbach, Hans-Thoma-Straße 22, findet man auf der Internetseite. Die Stücke, die in der Regel am Sonntagnachmittag, 15 Uhr, gespielt werden, sind für Zuschauer ab drei oder vier Jahren geeignet.
www.himmelreicher.com

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