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DER ZAUBERER MIT DEM IPAD

Simon Pierro hat die Fernsehzuschauer über Jahre in  „Verstehen sie Spaß?“ verblüfft und er fasziniert auf  Youtube ein Millionenpublikum. Bekannt ist er als iPad-Zauberer, der aus dem Bildschirm ein Bier zapft oder einen Tennisball herausgreift. Ein Interview mit dem Künstler, der aus Waldbronn stammt. 

23. Juli 2020

Geschichte

Herr Pierro, wie sind Sie zur Zauberei gekommen? Als ich 15 Jahre alt war, habe ich bei einer Urlaubsreise in New York Geld an einen Hütchenspieler verloren. Ich hab‘ mich darüber sehr geärgert, deshalb schenkte mir meine Schwester ein Zauberbuch, damit ich der Sache auf den Grund gehen kann. So fing ich an, selbst zu zaubern.

Sie sind in Waldbronn aufgewachsen. Von wem kann man dort die Kunst lernen? Ich hatte damals keinen Zugang zum Internet und man konnte nicht auf Youtube schauen, wie sich andere Zauberer anstellen. In Karlsruhe gibt es aber einen Ortsverband vom Magischen Zirkel, dort wurde ich als Gast aufgenommen und konnte mich mit anderen Zauberkünstlern austauschen.

Später haben Sie sich sogar gegen den Job als Manager entschieden und Ihr Hobby zum Beruf gemacht. Zaubern war und ist meine Leidenschaft. Auch während meines Studiums zum Wirtschaftsingenieur an der Universität Karlsruhe habe ich immer gezaubert. 2014 hatte ich das Diplom in der Tasche. Im selben Jahr wurde ich aber auch in Las Vegas mit dem Siegfried & Roy Award als bester Nachwuchsmagier ausgezeichnet. Damals lud mich Frank Elstner in seine SWR-Sendung „Menschen der Woche“ ein. Ihn beeindruckte meine Risikobereitschaft und er holte mich als festen Bestandteil in den ARD­-Klassiker „Verstehen Sie Spaß?“. Fünf Jahre lang agierte ich dort als Lockvogel. 

Sie zaubern mit dem iPad, zapfen beispielsweise aus dem Bildschirm ein frisches Bier und verbinden dabei analoge Tricks mit digitaler Technik. Wie kamen Sie darauf? Schon viele Jahre zuvor habe ich meine Kunststücke mit Leinwänden, Projektionen oder TV-­Bildschirmen kombiniert. Als das iPad rauskam, wusste ich: Das ist nicht nur wesentlich leichter zu transportieren, sondern auch für den Zuschauer ein Objekt der Begierde. Also baute ich mir mit Hilfe von Apps meinen eigenen digitalen Zauberkasten, hatte damit Erfolg – und ein Alleinstellungsmerkmal.

Wenn man mit dem iPad zaubert, ist man in erster Linie ein Programmier- oder ein Zauberkünstler? Gegenfrage: Ist ein Magier, der mit Tauben und Kaninchen zaubert, vorrangig Kleintierzüchter? Doch im Ernst: Jeder Zuschauer weiß, was ein iPad kann und was es nicht kann – Letzteres mache ich möglich. Nicht durch Programmierung, sondern durch das Handwerk der Illusion. Wenn ich also einen Tennisball aus dem iPad greife, dann ist die Technologie nur optisches – und natürlich auch aufwändig programmiertes – Beiwerk. Ich nutze sozusagen das Beste aus beiden Welten.

Apple-Mitbegründer Steve Jobs nannte sein iPhone revolutionär, weil es so viele neue Möglichkeiten in sich vereint. In Ihren Shows geben Sie seinen Geräten zudem magische Eigenschaften – das müsste ihm doch gefallen haben? Steve Jobs bezeichnete das iPad sogar als „magical device“, also als magisches Gerät. Ich habe sozusagen nur den Beweis erbracht. Vielleicht hat er mein erstes Video ja noch gesehen, immerhin ging es in derselben Woche viral, in der er seine letzte Key note präsentierte. Apple wiederum hat mich mehrfach für Shows engagiert, sowohl in den großen Apple Stores, aber auch in San Francisco, als die Apple Watch vorgestellt wurde. Darüber hinaus gibt es aber keine Verbindungen und das ist auch okay. Ich bin gerne künstlerisch unabhängig.

Nun ist auch noch ein Roboter als Zauberpartner ins Spiel gekommen. Warum? Grundsätzlich bin ich immer auf der Suche nach neuen Technologien. Ich habe bereits mit Drohnen, 3D­Druckern, virtueller Realität und nun eben auch mit Robotik auf der Bühne gestanden. Für meine neue Show „Künstlerische Intelligenz“ ist Pepper, so heißt der humanoide Roboter, der perfekte Partner.

Die Digitalisierung hat Ihnen neue Möglichkeiten eröffnet. Sie hat den Zauberern aber nicht nur Gutes gebracht, oder? Richtig, auf Youtube werden zum Beispiel die Tricks der Magier verraten. Kameras sind heute so hochauflösend, dass manche Trickprinzipien keine Anwendung mehr finden können. Aber aus allem Neuen ergibt sich immer eine Chance: Für mich wurden iPhones und iPads zum Markenzeichen, dank HD­Kameraübertragung kann ich heute mit meinem iPad in Stadien vor 10.000 Zuschauern auftreten und dank Youtube habe ich 100 Millionen Menschen in ihren Wohnzimmern erreicht. 

Die Apps auf dem iPad bezeichnen Sie als einen „digitalen Zauber kasten“, YouTube als „virtuelles Las Vegas“. Zaubern Sie trotzdem noch gerne live vor Publikum? Das sind zwei völlig unterschiedliche Welten. Je bekannter ich in der Online­-Welt werde, desto mehr Menschen möchten mich auch einmal live erleben. Und egal wie ausgefeilt eine digitale Präsentationsplattform auch sein mag, sie wird nie das Zwischenmenschliche einer Live­-Begegnung ersetzen können.

Sie leben mittlerweile in München, sind weltweit gefragt, aber im vergangenen Jahr auch bei den Ettlinger Schlossfestspielen aufgetreten. Was zieht Sie dorthin zurück? Ich bin ein sehr heimatverbundener Mensch. Noch wichtiger aber ist für mich, nie zu vergessen, wer mir am Anfang meiner Karriere die Daumen gedrückt hat, wer mir Auftrittsplattformen geboten und die ersten Zeitungsartikel über mich veröffentlicht hat. Insofern ist es ein Dank an all die Menschen, die mich unterstützt haben.

 

Gut zu Wissen

www.simonpierro.de