DAS RECYCELBARE FEUERWEHRHAUS
Straubenhardt bemüht sich um Nachhaltigkeit. Das zeigt sich auch an seinem bundesweit einmaligen Feuerwehrhaus: Es wurde nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip gebaut, das heißt, das Material lässt sich später komplett recyceln oder kompostieren.
Es ist eine Seltenheit, dass ein neues Feuerwehrhaus in ganz Deutschland Beachtung findet und dem Bürgermeister jede Woche Interviewanfragen beschert. Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg war sogar schon vor Ort, als das Gebäude noch eine Baustelle war. Er lobte das Projekt als Leuchtturm und Vorbild für andere. Das Feuerwehrhaus in Straubenhardt war nötig geworden, um sechs kleinere Wachen in den Ortsteilen der Gemeinde mit ihren knapp 12.000
Einwohnern zu vereinen. Mit seiner Fassade aus Beton und einem gitterförmigen Metall-Mantel ums Obergeschoss sieht es modern aus. Besonders innovativ ist aber vor allem die Bauweise, die für ein öffentliches Gebäude weithin einzigartig ist: Sie folgt dem Cradle-to-Cradle-Prinzip, was
übersetzt „von der Wiege zur Wiege“ heißt. Gemeint ist eine Kreislaufwirtschaft, bei der alles, was verbaut wurde, sich am Ende auseinandernehmen, wiederverwerten oder kompostieren lässt.
„Man sieht das zum Beispiel hier an den Sichtbetonwänden“, sagt Feuerwehrkommandant Martin Irion im Treppenhaus, „es ist nicht mit Gips verputzt, den man später kaum vom Beton trennen kann.“ Auf dem Weg durch sein Haus weist er mit ein wenig Stolz in der Stimme auf die vielen
Besonderheiten hin: Die Trennwände in den beiden Umkleiden sind flexibel, „falls der Frauenanteil
bei uns steigt und sie mehr Platz brauchen“. Holzelemente sind verschraubt und können
einfach auseinandergebaut werden. Dank des Parkdecks in der Mitte des Hauses wurde weniger Fläche versiegelt und das Dach ist begrünt.
Bürgermeister Helge Viehweg hatte zufällig einen Vortrag von Professor Michael Braungart gehört, der das Cradle-to-Cradle-, kurz C2C-Prinzip, mitentwickelt hat. Für ihn die Initialzündung: „Endlich ging es mal nicht darum, wie man etwas mit weniger negativen Folgen macht, sondern um positives Denken, um biologische und wirtschaftliche Kreisläufe und darum, wie man gute Dinge umsetzen und bauen kann.“
Gemeinsam mit dem Stuttgarter Büro Wulf Architekten wurde das Pionierprojekt umgesetzt, das Feuerwehrhaus 2022 eröffnet. Das Interesse wird nicht weniger und Helge Viehweg regelmäßig zu Kongressen eingeladen, um über seine Erfahrungen zu berichten. Inzwischen wurde das Feuerwehrhaus für sein ökologisch-nachhaltiges Konzept mit dem Fritz-Bender-Baupreis ausgezeichnet und Ende vergangenen Jahres hat Straubenhardt den Wettbewerb „Klimaaktive Kommune 2023“ des Deutschen Instituts für Urbanistik in der Kategorie Ressourcen und Energieeffizienz gewonnen.
Die Kosten für das Pionierprojekt waren im Vorfeld vielleicht etwas höher als bei einem herkömmlichen Feuerwehrhaus, wie der Bürgermeister einräumt. „Aber ich bin überzeugt, dass
es sich am Ende finanziell auszahlt. Die Rohstoffe haben einen Wert, man kann sie später wieder verwenden. Außerdem wird die Umwelt nicht belastet und die Zusammenlegung auf einen
Standort spart ebenfalls Ressourcen.“ Schon lange vor dem Bau des Feuerwehrhauses hat sich die Gemeinde die Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben und sich mit Klima- und Energiethemen beschäftigt. Straubenhardt ist Fair-Trade-Gemeinde, C2C-Modellkommune und hat sich der „Agenda 2030 – Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten“ angeschlossen. Es gibt einen Solar- und einen Windpark. Die Gemeinde berät Bürger, die nachhaltig bauen wollen, und gewährt dafür Zuschüsse. „Es muss aber nicht immer C2C sein“, betont Viehweg „es geht um gute Lösungen, das kann auch eine vergleichbare Nachhaltigkeit sein.“
In seiner Verwaltung wird ebenfalls darauf geachtet: bei neuen Möbeln, Putzmitteln, Hundekotbeuteln und vielem mehr, das angeschafft werden muss. Besonders fasziniert ihn das Modell, Mobiliar und Geräte nicht zu kaufen oder teuer zu leasen, sondern Nutzungszeiten zu vereinbaren und anschließend nimmt es der Produzent wieder zurück. „Dann achten die Hersteller darauf, gute Bauteile zu verwenden, die nicht so schnell kaputt gehen“, sagt Viehweg, „plötzlich bekommen wir ganz andere Produkte als zuvor, davon haben alle etwas!“ Er hofft, dass sich dies im neuen Bürgerzentrum, das entstehen soll, umsetzen lässt. Ob auch dieses Gebäude dem C2C-Prinzip folgen wird, ist noch offen. Nachhaltig werde es in jedem Fall, so der Bürgermeister: „Der Gemeinderat hat sich selbst dazu verpflichtet, dass die öffentliche Hand nicht mehr herkömmlich bauen will. Dieses Thema ist bei uns vom Tisch.“
Gut zu Wissen
Die Gemeinde informiert auf ihrer Webseite zum Thema Nachhaltigkeit. Wer mehr über erneuerbare Energien in der Gemeinde, die Folgen des Klimawandels, nachhaltiges Bauen mit Holz und das Ökosystem Wald erfahren will, kann sich auch auf den Waldklimapfad in Straubenhardt-Feldrennach begeben.