ALTE FLÜGEL MIT NEUER SEELE
Die Konzertpianistin Claudia Klinkenberg restauriert
mit ihrem Team historische Tasteninstrumente.
Wenn ein Oscar-Preisträger aus dem Film „Der Herr der Ringe“ einen hochwertigen historischen Flügel sucht, dann landet er schon mal bei Claudia Klinkenberg in Ettlingen. Die Konzertpianistin ist Gründerin und Geschäftsführerin einer Klavierbauwerkstatt, in der alte Tasteninstrumente in akribischer Handarbeit originalgetreu restauriert werden.
Was in der Werkhalle auf dem Gelände der ehemaligen Spinnerei und Weberei Ettlin an Schätzen steht, das lässt nicht nur Fachleute staunen. Schimmernde Pleyels aus dem frühen 19. Jahrhundert und Art-Déco-Flügel mit Perlmutt-Intarsien stehen neben regelrechten Schrotthaufen, die irgendwann wieder glänzen und klingen sollen. Jedes dieser Instrumente hat eine Geschichte. Woher es kommt, wohin es geht. Einer ihrer Flügel gehörte einst Chopin: einer von 20 Pleyels, die der große Klavierbauer dem großen Komponisten in seinen Pariser Jahren zur Verfügung stellte.
All das begann, nachdem Claudia Klinkenberg erstmals einen Flügel von 1880 gespielt hatte. „Das Instrument hatte so eine Seele“, schwärmt sie noch heute. Danach konnte sie ihren neuen nicht mehr hören. 2008 kaufte sie zwei 100 Jahre alte Wracks, ließ sie herrichten, verkaufte sie wieder.
„Ich hänge nicht an den Dingen“, sagt sie. Aber eine Leidenschaft war entfacht. Und wann immer sie Lust hat , spielt sie auf ihren Schmuckstücken.
„Nach 1900 hat sich im Klavierbau nichts mehr entscheidend verändert“, erklärt die 59-Jährige. Die älteren Instrumente seien nicht nur liebevoller gearbeitet und hochwertiger im Material, sondern auch wärmer im Klang. Sagt es und lässt ein paar Takte Chopin in die Halle mit ihrer ausgezeichneten Akustik perlen.
Claudia Klinkenberg verkauft ihre Instrumente rund um den Globus. Von Hollywood bis Bollywood sozusagen. Zu ihren Kunden gehören Sammler, Liebhaber, Schlossbesitzer, Regierungen, Konzertpianisten. Und Musikschüler von nebenan. „Wir restaurieren nicht nur Flügel, die ein paar 100.000 Euro kosten, sondern überholen mit der gleichen Sorgfalt auch ausgesprochen günstige Klaviere.“
Selbst neue Exemplare hat sie im Angebot. Bei dieser breiten Auswahl finden bei ihr auch Hobbypianisten, Klavierlehrer und Schüler ihr Instrument fürs Leben.
Früher ist die Geschäftsführerin viel auf internationalen Auktionen und im Internet unterwegs gewesen. Heute bekommt sie jeden Tag Instrumente angeboten, Raritäten, Erbstücke, Scheunenfunde. „Schrottflügel gibt es überall, die Leute stoßen sie ab.“
Momentan kann sie eigentlich nichts mehr annehmen. Und macht manchmal doch eine Ausnahme. Wie für den Flügel aus Königsberg – mehr Brennholz als Instrument. Doch die Besitzer wollen ihn unbedingt in neuem Glanz erstrahlen lassen, weil die Uroma Pianistin aus Königsberg war. Noch so eine Geschichte...
Die gebürtige Bonnerin hat in Karlsruhe und London studiert und weltweit Konzerte gespielt. Inzwischen tritt sie nicht mehr auf. Heute kümmert sie sich um Akquise, Verkauf und ihre Mitarbeiter. Dass es denen gut geht und sie sich persönlich entwickeln können, ist ihr ein Anliegen. Ein Restaurator, zwei Klavierbauer und drei Azubis gehören zu ihrem Team, darüber hinaus arbeitet sie mit vielen renommierten Experten und Spezialisten zusammen.
Zwei ihrer Azubis sind junge Frauen. Elisabeth Schneider (20) und Christine Lauinger (30) haben vergangenen Herbst mit der Ausbildung begonnen. Sie lernen das Handwerk hier von der Pike auf, von schnitzen und Oberflächenbehandlung bis Saiten aufziehen und stimmen. „Wir fertigen hier auch Einzelteile nach Maß“, sagt Claudia Klinkenberg, „das machen nicht mehr viele.“ In seltenen Fällen muss ein historischer Flügel in alle Einzelteile zerlegt und wieder zusammengesetzt
werden. Für die Ersatzteile schlachten sie manchmal „völlig vermurkste Instrumente“ aus.
Dann muss sie los, einen Flügel anschauen. „Wir finden ja auch gezielt Instrumente für Kunden.“ Gerade bei hochkarätigen Stücken möchten die Käufer aber anonym bleiben. Nicht nur für Oscar-Preisträger ist das sicher eine kluge Entscheidung.
Gut zu Wissen
Klaviere bekommt man bei Klinkenberg Pianofortes ab etwa 2.500 Euro, Flügel ab 6.000 Euro. Interessenten dürfen die Instrumente vorher spielen. In der Werkstatthalle mit ihrer ausgezeichneten Akustik gibt es auch ein professionelles Tonstudio, das man mieten kann.